
Ein neuer Etappentag – Einstieg & Stimmung
Der Nebel von O Cebreiro liegt oft noch wie ein geheimnisvoller Schleier über den Pallozas, wenn du dich auf den Weg machst. Nach dem großen Anstieg des Vortags fühlst du dich nun leichter, die Beine finden ihren Rhythmus. Doch die Höhen des galicischen Gebirges geben keine Ruhe: Zwei Pässe wollen heute bezwungen werden – der Alto de San Roque und der Alto do Poio, das Dach des Camino in Galicien.
Was dich erwartet, ist ein Tag voller Panorama: die Wälder der Ancares, die Höhen des Courel, tiefe Täler und ein ewiges Auf und Ab über uralte Bergdörfer. Auf dem Weg nach Triacastela und weiter nach Samos begleitest du die Geschichte: alte Pilgerhospitäler, romanische Kirchen, und am Ende eines langen Tages das ehrwürdige Benediktinerkloster von Samos – ein geistiges Zentrum des Camino seit dem 6. Jahrhundert.
Strecke & Höhenprofil
- Distanz: 30,8 km
- Höhenmeter: ca. +700 m / –1.100 m
- Schwierigkeit: mittel–hoch
- Charakter: alpine Bergstrecke, lange Aufstiege, steile Abstiege, später Übergang in sanftere Täler













Varianten
- Direktvariante: O Cebreiro → Triacastela (ca. 21 km), ideal für Pilger, die kürzer treten wollen.
- Variante Samos: Triacastela → San Cristovo do Real → Samos (+ ca. 9 km), reich an Natur und Kultur, mit dem Ziel im Kloster von Samos.
Beschreibung des Weges – Schritt für Schritt
Von O Cebreiro nach San Roque
Der Weg steigt gleich nach O Cebreiro weiter an. Durch Wälder und Weiden erreichst du Liñares (3,2 km) mit der Kirche San Esteban aus dem 8. Jahrhundert – schlicht, still, und doch ein Kraftort.
Kurz darauf der Alto de San Roque (1.270 m), wo die berühmte Bronzestatue des Pilgers im Wind trotzt. Hier, wo der Wind oft über die Höhen pfeift, spürst du die Größe und Härte des Weges – ein Symbol für alle, die sich der Kraft der Natur stellen.
Über den Alto do Poio
Nach Hospital de la Condesa (6,4 km) mit seiner romanischen Kirche führt der Weg über steinige Rampen nach Padornelo, einem Ort der Johanniter, die hier seit dem Mittelalter Pilger beschützten. Nun kommt der härteste Anstieg: in nur 300 Metern steil hinauf auf den Alto do Poio (1.337 m), den höchsten Punkt des Camino in Galicien. Von hier reichen die Ausblicke weit – zurück zu den Ancares, vorwärts über die Courel-Berge.
Abstieg ins Tal
Der Camino führt nun bergab:
- Fonfría (10 km): alter Pilgerort mit Silberkelch aus dem 17. Jh.
- O Biduedo (12,4 km): winzige Siedlung, kleinste Kirche des Camino (San Pedro). Ein Rastplatz mit Tischen lädt zur Pause.
- Fillobal (15,3 km): erstes Dorf im Tal mit Albergue und Einkehr.
- Pasantes & Ramil (17–18 km): romanische Kapellen, Herrenhäuser, und ein uralter Kastanienbaum.
Schließlich erreichst du Triacastela (19 km) – der Name bedeutet „drei Burgen“, auch wenn nur Ruinen geblieben sind. Pilger trugen von hier traditionell Kalksteine nach Castañeda, um beim Bau der Kathedrale von Santiago zu helfen. Die Kirche Santiago (18. Jh.) mit romanischem Chor ist sehenswert.
Von Triacastela nach Samos
Ab hier die Wahl: direkt weiter Richtung Sarria oder die Variante nach Samos – landschaftlich länger, aber unvergleichlich reich.
Die Samos-Route führt dich über:
- San Cristovo do Real (23 km): Dorf mit Barockretablo, römischem Brückchen und friedvoller Stille.
- Renche, Lastres, Freituxe: kleine Weiler im Oribiotal, begleitet von Wäldern voller Kastanien, Pappeln und Birken.
- San Martiño: romanische Kirche aus dem 12. Jh., ein versteckter Schatz.
Nach einem steilen Abstieg öffnet sich das Tal – und du siehst die Mauern und Türme von Samos (30,8 km), eines der ältesten Klöster Europas.
Höhepunkte & Sehenswürdigkeiten
Ort | Distanz ab O Cebreiro | Besonderheit |
Liñares | 3,2 km | Kirche San Esteban (8. Jh.) |
Alto de San Roque | 5,5 km | Pilgerstatue im Wind |
Alto do Poio | 9 km | Höchster Punkt in Galicien (1.337 m) |
Fonfría | 10 km | alter Pilgerhospital Santa Catalina |
O Biduedo | 12,4 km | kleinste Kirche des Camino |
Triacastela | 19 km | Kirche Santiago, Pilgertradition mit Kalksteinen |
San Cristovo | 23 km | Romanische Kirche, alte Brücke |
Samos | 30,8 km | Benediktinerkloster (6. Jh.), geistiges Zentrum des Camino |
Pack- & Proviantipps
- Warm anziehen: Höhenlagen oft windig, auch im Sommer frisch.
- Wasser auffüllen in O Cebreiro, Liñares und Triacastela.
- Stöcke sehr hilfreich für den Abstieg nach Triacastela.
- Für Samos-Variante: Extra-Proviant einpacken, da die Dörfer kleiner sind.
Einkehr & Übernachtung
- O Cebreiro: großes Pilgeralbergue (104 Plätze), kleine Pensionen.
- Liñares, Hospital, Fonfría: kleine Herbergen mit Bergatmosphäre.
- Triacastela: viele Albergues und Pensionen, lebendiger Pilgerort.
- Samos: Übernachtung im Kloster (donativo), dazu mehrere Herbergen und Gasthäuser. Besonders eindrucksvoll: eine Nacht hinter den Mauern des Benediktinerklosters.
Kulinarisches
Hier beginnt das echte Galicien auch kulinarisch:
- Queso do Cebreiro (D.O.) – weißer Frischkäse, mild und cremig.
- Ternera gallega – zartes Rindfleisch, auf dem ganzen Camino berühmt.
- Cocido gallego – kräftiger Eintopf mit Fleisch, Kichererbsen und Gemüse.
- Castañas de Os Ancares – geröstete Kastanien als Pilgerstärkung.
- Freixós (galicische Crêpes) und Leche frita als süße Belohnung.
Das Besondere heute
Diese Etappe vereint die Essenz des galicischen Camino: Höhen voller Wind und Weite, tiefe Täler mit Kastanien und alten Steindörfern, spirituelle Orte und lebendige Traditionen. Am Alto do Poio stehst du am Dach des galicischen Weges, ein Ort der Kraft und der Aussicht.
Der Weg nach Triacastela erinnert daran, dass Pilger seit Jahrhunderten Steine für die Kathedrale trugen – ein Bild für das gemeinsame Werk aller, die unterwegs sind. Und am Ende erwartet dich Samos, mit seinem mächtigen Benediktinerkloster, in dem die Stimmen der Mönche seit 1.500 Jahren erklingen. Ein Ort der Stille, des Gebets und der Geschichte – und einer der spirituellen Höhepunkte des gesamten Jakobswegs.
Reflexion am Etappenende
Wenn du am Abend in Samos auf der Klostermauer sitzt, den Klang der Glocken hörst und das Tal im Abendlicht siehst, dann weißt du: Heute bist du tief in Galicien angekommen. Der Weg hat dir gezeigt, wie eng Natur, Geschichte und Spiritualität hier verbunden sind. Und vielleicht spürst du, dass auch dein Camino zu einem großen Bauwerk beiträgt – Stein für Stein, Schritt für Schritt.
📊 Tabellarische Übersicht
Etappe | Start | Ziel | Distanz | Höhenmeter | Schwierigkeit | Variante |
28 | O Cebreiro | Samos | 30,8 km | +700 m / –1.100 m | mittel–hoch | Triacastela-Direkt (21 km) |
🌌 Camino der Sterne:
O Cebreiro → Liñares → San Roque → Hospital → Alto do Poio → Fonfría → O Biduedo → Fillobal → Triacastela → San Cristovo → Samos
War es die Statue am San Roque, der steile Aufstieg zum Poio oder die Ankunft im ehrwürdigen Kloster von Samos, die dich am meisten bewegt hat? Teile deine Eindrücke – dein Weg macht den Camino lebendig.