
Ein neuer Etappentag – Einstieg & Stimmung
Der Morgen in Ponferrada beginnt mit einem besonderen Klang: Glockenschläge hallen durch die Altstadt, die mächtigen Mauern der Templerburg werfen lange Schatten, und der Río Sil glitzert im ersten Licht. Noch liegt die Stadt verschlafen da, während du deine Schritte auf breiten Avenidas setzt, hinein in einen Tag, der dich mitten durch das Herz des Bierzo führt. Es ist eine Etappe, die nicht mit großen Anstiegen lockt, sondern mit Weite, Weinbergen und kleinen Orten, die von jahrhundertealter Pilgertradition erzählen.
Mit jedem Schritt hinaus aus Ponferrada beginnst du, die Nähe Galiciens zu spüren. Die Landschaft verändert sich, die Dörfer sprechen ihre eigene Sprache, und zwischen Rebstöcken und Flussauen ahnst du: Bald wirst du die Grenze überschreiten – doch heute gilt es, das Bierzo in all seiner Fülle zu durchwandern.
Strecke & Höhenprofil
- Distanz: 24,9 km
- Höhenmeter: ca. +250 m / –320 m
- Schwierigkeit: leicht–mittel
- Charakter: sanftes Auf und Ab durch Felder und Weinberge, kaum technische Passagen










Die Etappe ist gut zu gehen und stellt für geübte Pilger keine großen Herausforderungen dar. Wer aufmerksam wandert, wird aber feststellen, dass der Weg sich langsam auf die galicischen Höhen vorbereitet: kleine Anstiege, sanfte Wellen, ein Vorgeschmack auf die nahenden Montes de León.
Varianten & kleine Abzweigungen
Ab Pieros teilt sich der Weg. Der historische Camino folgt weiter der Nationalstraße, während eine Alternative nach Valtuille de Arriba führt – ein kleiner Umweg durch Weinberge, etwa einen Kilometer länger, dafür landschaftlich reizvoller und ruhiger. Viele Pilger wählen diese Route, um dem Verkehr zu entgehen und die Stille der Rebhänge zu genießen.
Beschreibung des Weges – mit allen Sinnen
Der Weg aus Ponferrada hinaus verlangt Aufmerksamkeit: breite Straßen, viel Verkehr, doch die Markierungen führen zuverlässig. Bald aber weicht der Asphalt den ersten Feldern. In Columbrianos empfängt dich eine ländliche Ruhe. Zwischen alten Häusern und der Kirche San Esteban spürst du, wie nahe hier Geschichte und Alltag beieinanderliegen.
Weiter führt dich der Camino über schmale Wege nach Fuentesnuevas, wo ein Kreuz am Ortseingang den Pilgern seit Jahrhunderten Orientierung bietet. Es riecht nach frischer Erde, nach Most und Stall, und oft schallt das Klappern von Hufen über die Straße.
Nach einem kurzen Stück erreichst du Camponaraya – einst bedeutend durch zwei Pilgerhospitäler, heute ein lebendiges Dorf mit Bars, Geschäften und einer Statue, die den Weinbau des Bierzotals ehrt. Der Ort ist ideal für eine Rast: ein Glas Wasser, vielleicht ein Stück Tortilla – und der Blick über die Rebstöcke trägt dich weiter.
Hinter Camponaraya steigt der Weg sanft an. Die Felder weichen fast vollständig den Weinbergen, die sich bis an den Horizont ziehen. In Cacabelos, einer römisch geprägten Ortschaft am Río Cúa, lohnt es sich, innezuhalten. Das Santuario de la Quinta Angustia am Ortseingang, die Kirche Santa María de la Plaza und das Archäologische Museum erinnern daran, wie tief Geschichte hier verwurzelt ist. Zwischen engen Gassen laden Bars und Bodegas zum Probieren der Weine mit D.O. Bierzo ein – frisch, kräftig, voll der Sonne dieses Tales.
Von hier steigt der Camino merklich an. In Pieros, an der Kirche San Martín, stehst du vor der Wahl: der direkten Route oder der Variante durch Valtuille de Arriba. Entscheidest du dich für den Umweg, führt dich der Pfad zwischen endlosen Rebstöcken hindurch, vorbei an kleinen Weinkellern, die Geschichten von Generationen erzählen. Ein leiser Wind trägt den Duft der Erde – ein Moment, in dem du ahnst, dass dieser Landstrich ohne seine Weine kaum zu verstehen ist.
Schließlich erreichst du Villafranca del Bierzo – eine Stadt, die Pilger seit dem 11. Jahrhundert empfängt. Der Blick auf die Colegiata, die Kirche Santiago und die Calle del Agua mit ihren Adelspalästen öffnet die Tore zu einer Vergangenheit, in der die Cluniazenser und die großen Orden ihre Spuren hinterließen.
Zwischenorte & Besonderheiten
Ort | Distanz ab Ponferrada | Besonderheit | Tipp |
Columbrianos | 5,4 km | Kirche San Esteban, alte Herrenhäuser | Wasser auffüllen, erste Rast |
Fuentesnuevas | 7,7 km | Iglesia de Santa María, Kreuz am Eingang | Kleine Pause unter Bäumen |
Camponaraya | 10 km | Kirche San Ildefonso, Statue „Vino y Camino“ | Rast, Supermarkt, Bars |
Cacabelos | 15,8 km | Santuario de la Quinta Angustia, römische Spuren | Bodegas & Museo Arqueológico |
Pieros | 18,2 km | Iglesia San Martín, Abzweigung nach Valtuille | Route wählen |
Valtuille Arriba | 20,1 km (Variante) | Weindorf, Donativo-Herberge | Ruhiger, landschaftlicher Umweg |
Villafranca | 24,9 km | Colegiata, Kirche Santiago, Calle del Agua | Etappenende mit viel Kultur |
Pack- & Einkaufstipps
- Mehrere Einkaufsmöglichkeiten in Camponaraya und Cacabelos → keine Sorge um Proviant.
- Wasserstellen unterwegs, aber im Sommer mindestens 1,5 Liter mitnehmen.
- Für Weinliebhaber: kleine Flasche Mencía als Souvenir im Rucksack – aber Achtung, Gewicht!
- Sonnenhut und leichte Kleidung sind hilfreich, da die Strecke offen und sonnig ist.
Einkehr, Übernachtung & Versorgung
Diese Etappe ist reich an Herbergen und Unterkünften. Von den großen Häusern in Ponferrada bis zu den familiären Albergues in Cacabelos oder Villafranca findest du jede Form von Unterkunft – von Donativo über einfache Pilgerherberge bis hin zum Parador. Besonders berühmt ist das Albergue Ave Fénix in Villafranca, eine Ikone des Camino, die seit Jahrzehnten Pilger aller Nationen vereint.
Das Besondere heute
Das Bierzo ist mehr als ein Tal – es ist eine Kultur. Die Weine mit der geschützten Herkunftsbezeichnung, die Kastanienwälder, das kräftige Botillo berciano (eine lokale Fleischspezialität) und die Empanadas erzählen von einer Region, die zwischen Kastilien und Galicien liegt und doch eine eigene Identität trägt.
Cacabelos und Villafranca sind Orte, an denen Geschichte und Gastfreundschaft seit Jahrhunderten untrennbar verbunden sind. In Villafranca erwartet dich zudem das „Tor des Verzeihungs“ an der Kirche Santiago: Wer zu krank oder zu schwach war, den Weg bis nach Santiago zu vollenden, konnte hier die Vergebung und die Gnaden erhalten. Ein Zeichen dafür, dass der Camino nicht nur aus Kilometern besteht, sondern auch aus Gnade und Menschlichkeit.
Reflexion am Etappenende
Wenn du am Abend durch die Calle del Agua gehst, zwischen Palästen, Klöstern und dem Rauschen des Río Burbia, spürst du: Diese Etappe hat dir mehr geschenkt als nur Kilometer. Sie war ein Eintauchen in das Bierzo – in seine Kultur, seine Weine, seine Geschichte. Und während du zurückblickst, fragst du dich vielleicht: Was bleibt mehr im Gedächtnis – die stille Weite der Rebstöcke oder die Tore von Villafranca, die seit Jahrhunderten Hoffnung und Vergebung versprechen?
📊 Tabellarische Übersicht
Etappe | Start | Ziel | Distanz | Höhenmeter | Schwierigkeit | Zwischenorte |
26 | Ponferrada | Villafranca del Bierzo | 24,9 km | +250 m / –320 m | leicht–mittel | Columbrianos, Fuentesnuevas, Camponaraya, Cacabelos, Pieros, Valtuille (Var.), Villafranca |
🌌 Camino der Sterne:
Ponferrada → Columbrianos → Fuentesnuevas → Camponaraya → Cacabelos → Pieros → Valtuille (Var.) → Villafranca
Hast du diese Etappe schon erlebt? War es der Wein in Cacabelos, die Ruhe in Valtuille oder die Ankunft in Villafranca, die dich am meisten bewegt hat? Teile deine Erinnerungen – dein Weg macht den Camino lebendig.