
Ein neuer Etappentag – Einstieg & Stimmung
Der Morgen in Rabanal del Camino beginnt still, nur das Läuten der Glocken und das Knarren der alten Holztüren der Albergues klingen durch die frische Bergluft. Vor dir liegt eine Etappe, die zu den symbolträchtigsten des gesamten Camino Francés gehört: der Aufstieg zu den Montes de León, die legendäre Cruz de Ferro, steile Abstiege durch uralte Dörfer – und schließlich die Ankunft in Ponferrada, der Templerstadt im Herzen des Bierzo. Mit dem ersten Schritt hinaus aus dem Ort spürst du, dass dieser Tag mehr sein wird als nur Kilometer: Er ist Prüfung, Symbol und Versprechen zugleich.
Die Etappe von Rabanal del Camino nach Ponferrada (35,2 km) vereint Spiritualität und Natur, Geschichte und Gastfreundschaft. Wer diesen Weg geht, taucht ein in eine jahrhundertealte Tradition des Loslassens, der Anstrengung und der Ankunft in einer neuen Welt.
Strecke & Höhenprofil
- Distanz: 35,2 km
- Höhenmeter: ca. +280 m / –950 m
- Schwierigkeit: mittel bis hoch – besonders durch die Länge und die steilen, technisch anspruchsvollen Abstiege.
- Charakter: Ein steter Anstieg bis zur Cruz de Ferro, danach ein langer und teils gefährlicher Abstieg über steinige Pfade bis Molinaseca, gefolgt von einem ausgedehnten Talstück nach Ponferrada.
Diese Etappe ist eine Etappe der Gegensätze: der ruhige, fast meditative Aufstieg zur Cruz de Ferro, gefolgt vom fordernden Abstieg in die Tiefe des Bierzo. Die letzten Kilometer nach Ponferrada wirken einfach – und sind doch eine mentale Herausforderung nach einem langen Tag.














Varianten & kleine Abzweigungen
- Radpilger: Der Abstieg von Foncebadón über El Acebo bis Riego de Ambrós ist gefährlich. Empfehlenswert ist der parallele Verlauf auf der LE-142.
- Pilger mit Einschränkungen: Auch hier ist die Straße die sichere Wahl – besonders zwischen Cruz de Ferro und Molinaseca.
- Etappenteilung: Viele Pilger beenden die Etappe in Molinaseca (ca. 28 km), um die Belastung zu reduzieren und Ponferrada am nächsten Tag entspannt zu erreichen.
Beschreibung des Weges – mit allen Sinnen
Hinter Rabanal windet sich der Weg zwischen alten Steinmauern und Eichenwäldern empor. Schon bald liegt das Dorf hinter dir, und der Camino führt dich durch einen stillen Anstieg in die Montes de León. Die Vegetation verändert sich: Wacholder, Ginster und Heidekraut begleiten dich, während der Blick über die Maragatería zurück schweift.
In Foncebadón weht der Geist vergangener Zeiten: Einst fast verlassen, lebt der Ort heute durch Pilger neu auf. Hier begann der Einsiedler Gaucelmo im 11. Jahrhundert mit seiner Hospizarbeit, und noch immer erinnert alles daran, dass dieser Ort ein Hort für Suchende ist.
Nur wenige Kilometer weiter erhebt sich die Cruz de Ferro – ein einfacher Holzmast mit Eisenkreuz, umgeben von einem Hügel aus Steinen. Jeder dieser Steine erzählt von einem Pilger, von einer Last, die abgelegt, von einer Hoffnung, die niedergelegt wurde. Hier hältst du inne, atmest die klare Luft auf 1.500 Metern Höhe, und spürst die uralte Kraft dieses Symbols.
Der Abstieg beginnt sanft, doch bald wird er steil und steinig. Du passierst Manjarín, heute kaum mehr als das Templer-Refugium von Tomás, einem modernen „Hüter des Camino“. Mystik und Einfachheit prägen diesen Ort.
Weiter geht es in Serpentinen hinab, begleitet von weiten Blicken ins Bierzo. El Acebo de San Miguel empfängt dich mit seinen Häusern aus Schiefer und Holz. Die romanische Statue des Santiago Peregrino in der Kirche und die alte Schmiede erinnern an Handwerk und Glauben vergangener Jahrhunderte.
Noch tiefer im Tal liegt Riego de Ambrós, ein kleines Dorf inmitten von Kastanienhainen. Die engen Gassen, die Ruhe und die Abgeschiedenheit wirken wie eine stille Zwischenstation vor der Rückkehr in die lebendige Welt.
Der Abstieg setzt sich fort, steil und steinig, bis sich das Tal plötzlich öffnet. Ein romanischer Brückenbogen führt dich in Molinaseca, eines der schönsten Dörfer des Camino. Die gepflasterten Straßen, Herrenhäuser und die lebendige Atmosphäre laden zum Verweilen ein – nicht wenige Pilger entscheiden, hier die Etappe zu beenden.
Die letzten Kilometer nach Ponferrada führen dich durch Felder und kleine Dörfer wie Campo, bis sich schließlich die Silhouette der Stadt erhebt. Über den Río Boeza erreichst du Ponferrada, wo die mächtige Templerburg über der Stadt wacht – ein Monument von Geschichte und Schutz.
Zwischenorte & Besonderheiten
Ort | Distanz ab Rabanal | Besonderheit | Tipp |
Foncebadón | 5,5 km | Ort des Einsiedlers Gaucelmo, mittelalterliches Konzil | Rast, kleine Bars |
Cruz de Ferro | 7,4 km | Symbolort des Camino, Steinritual | Pause für Reflexion |
Manjarín | 9,8 km | Templerrefugium, Mystik und Einfachheit | Begegnung mit Tomás |
El Acebo | 15,3 km | Schieferdächer, romanische Statue | Wasser an der Fuente de la Trucha |
Riego de Ambrós | 18,4 km | Kastanienhaine, kleine Kirche | Kurze Rast |
Molinaseca | 25,2 km | Romanische Brücke, Herrenhäuser | Übernachtung empfehlenswert |
Campo | 29,2 km | Kirche Santa María de Vizbayo (BIC) | Kurzer Abstecher |
Ponferrada | 35,2 km | Templerburg, Basilika de la Encina | Etappenziel |
Pack- & Einkaufstipps
- Proviant: Früh in Rabanal einkaufen – danach gibt es bis Molinaseca nur begrenzte Versorgung.
- Wasser: Mehrere Brunnen, aber ausreichend Vorrat bis El Acebo ratsam.
- Ausrüstung: Stöcke für die Abstiege unbedingt notwendig. Bei Regen sind die steilen Pfade extrem rutschig.
- Kleidung: Wetter in den Montes de León kann schnell umschlagen – Windjacke und Schichtprinzip.
Einkehr, Übernachtung & Versorgung
- Rabanal & Foncebadón: Traditionelle Albergues wie Gaucelmo oder Domus Dei.
- El Acebo & Riego de Ambrós: Kleine, familiäre Unterkünfte mit typisch bierzianischer Küche.
- Molinaseca: Breite Auswahl an Herbergen, Hotels und Bars – idealer Zwischenstopp.
- Ponferrada: Alle Versorgungsmöglichkeiten einer Stadt – von großen Pilgerherbergen bis Hotels.
Die Vielfalt reicht vom einfachen Donativo bis zu komfortablen Landhotels – jede Übernachtung trägt ihren eigenen Charme.
Praktische Hinweise
- Distanz: 35,2 km – eine der längeren und anspruchsvolleren Etappen des Camino Francés.
- Schwierigkeit: Mittel bis hoch – vor allem durch die Länge und die steilen Ab- und Anstiege.
- Empfehlung: Viele Pilger teilen die Etappe und übernachten in Molinaseca, um die körperliche Belastung zu reduzieren.
- Gefahrenstellen: Steile, steinige Abstiege zwischen Cruz de Ferro und Molinaseca – Vorsicht bei Regen. Radpilger sollten teils auf die Straße ausweichen.
Kulinarische Tipps
Im Bierzo beginnt die kulinarische Vielfalt dieser Region: Probieren sollte man den berühmten Botillo del Bierzo, ein herzhaftes Fleischgericht, sowie die aromatischen Früchte, insbesondere Äpfel, Birnen und Kirschen. Auch der regionale Wein und die kräftige Honigproduktion sind ein Genuss für Pilger.
Das Besondere heute
Ein zentraler Bezugspunkt dieser Etappe ist die Cruz de Ferro (Eisernes Kreuz), einer der bekanntesten Orte des gesamten Jakobsweges. Seit Jahrhunderten tragen Pilger einen Stein von zu Hause mit sich, um ihn hier abzulegen – als Symbol dafür, Sorgen, Sünden und Lasten zurückzulassen. Das Ritual, diesen Stein auf den großen Haufen zu legen, gehört für viele zu den emotionalsten Momenten der gesamten Pilgerschaft. Der Ort ist zudem seit römischer Zeit ein heiliger Platz, ursprünglich dem Gott Merkur gewidmet, später von christlicher Tradition übernommen.
Eng verbunden mit diesem Ort ist die Figur des Gaucelmo (auch Guacelmo genannt). Er war ein Einsiedler und Abt des 11. Jahrhunderts, der in Foncebadón ein Hospiz und eine Kirche gründete, um Pilgern Schutz zu bieten. Aus seiner Stiftung entwickelte sich später ein Kloster, und das heutige Albergue in Foncebadón trägt seinen Namen. Gaucelmo ist auch in der Überlieferung mit der Cruz de Ferro verbunden: Manche Traditionen führen die Aufstellung des Kreuzes auf ihn zurück. Ob historisch gesichert oder nicht – Gaucelmos Einsatz für die Pilger prägte diese Region und verankerte Foncebadón tief in der Geschichte des Camino.
Nach der Cruz de Ferro führt der Weg durch Manjarín, ein heute fast verlassenes Dorf, in dem dennoch ein kleines Refugio weitergeführt wird – Sinnbild dafür, wie eng Tradition und Verfall auf dem Camino beieinander liegen. Der steile Abstieg nach El Acebo eröffnet schließlich den Zugang ins Bierzo, mit Häusern aus Stein und Schiefer, wie sie für diese Region typisch sind. Weiter talabwärts führt der Camino durch Riego de Ambrós mit seiner Kirche und alten Pilgertradition, bevor in Molinaseca das Tal sich öffnet. Hier erinnert die Brücke über den Río Meruelo, flankiert von historischen Häusern und kleinen Kapellen, an die lange Verbindung von Pilgern und lokaler Kultur.
Den Schlusspunkt setzt Ponferrada, eine Stadt, die durch die Templerburg über dem Río Sil geprägt wird. Sie erinnert daran, dass die Ritter des Ordens hier einst den Schutz der Pilger übernahmen. Zusammen mit der Basilika der Virgen de la Encina und der Altstadt bietet die Stadt eine würdige Kulisse für das Ende dieser kraftvollen Etappe.
Kaum ein Ort des Camino Francés hat eine so tiefe Symbolkraft wie die Cruz de Ferro. Seit Jahrhunderten legen Pilger hier einen Stein nieder, den sie von zuhause mitgebracht haben. Dieser Akt symbolisiert das Ablegen von Sorgen, Lasten oder Gebeten. Der Anblick des hohen Holzmastes mit dem kleinen Eisenkreuz und dem riesigen Steinhaufen bewegt fast jeden Pilger – ein Moment der Stille und des Innehaltens.
Verbunden ist dieser Ort mit dem Einsiedler Gaucelmo (Guacelmo), der im 11. Jahrhundert in Foncebadón lebte. Er gründete hier ein Hospiz und eine Kirche, die später zu einem Kloster wurden, und widmete sein Leben den Pilgern. Das heutige Albergue Gaucelmo trägt seinen Namen weiter. Manche Traditionen schreiben ihm sogar die Errichtung des Cruz de Ferro zu, auch wenn dies historisch nicht eindeutig belegt ist. Gaucelmo steht damit stellvertretend für die spirituelle Tiefe und Hilfsbereitschaft, die den Camino seit seinen Anfängen prägen.
Das Herz dieser Etappe schlägt also an der Cruz de Ferro. Seit Jahrhunderten legen Pilger hier Steine nieder – ein einfaches, aber kraftvolles Ritual. Ob es Sorgen, Erinnerungen oder Gebete sind: Der Hügel wächst mit den Geschichten unzähliger Menschen. Auch die Templerburg in Ponferrada ist mehr als ein Bauwerk: Sie erinnert daran, dass Pilger einst Schutz brauchten und fanden. Heute steht sie als Symbol für die Verbindung von Geschichte, Glaube und Gemeinschaft. Und dann die Landschaft: Der Wechsel von karger Bergwelt zu den fruchtbaren Tälern des Bierzo macht diesen Tag zu einer Reise durch Welten – von der Stille der Höhen zur Lebendigkeit der Stadt.
Reflexion am Etappenende
Am Abend, wenn du durch die Straßen Ponferradas gehst und die Burg im Abendlicht erstrahlt, spürst du die Gegensätze des Tages: die Stille der Cruz de Ferro und die Stimmen der Stadt, die Schwere der Abstiege und die Leichtigkeit des Loslassens. Diese Etappe des Camino Francés lehrt dich, dass jeder Schritt ein Übergang ist – von Last zu Freiheit, von Höhe zu Tiefe, von Stille zu Leben.
📊 Tabellarische Übersicht
Etappe | Start | Ziel | Distanz | Höhenmeter | Schwierigkeit | Zwischenorte |
25 | Rabanal del Camino | Ponferrada | 35,2 km | +280 m / –950 m | Mittel–hoch | Foncebadón, Cruz de Ferro, Manjarín, El Acebo, Riego de Ambrós, Molinaseca, Campo |
🌌 Camino der Sterne:
Rabanal del Camino → Foncebadón → Cruz de Ferro → Manjarín → El Acebo → Riego de Ambrós → Molinaseca → Campo → Ponferrada
Hast du selbst schon einen Stein an der Cruz de Ferro niedergelegt? Teile deine Erfahrung und erzähle, welche Last du dort zurückgelassen hast – oder welchen Wunsch du mit auf den Weg genommen hast. Kommentiere deine Gedanken und Erlebnisse auf dem Camino Francés.