
Ein neuer Etappentag – Einstieg & Stimmung
Noch ruht Castrojeriz in der Morgendämmerung, wenn du dein Bündel schultern und die schmale Straße durch den Ort hinabschreitest. Hinter dir liegen die Ruinen der Burg, die wie ein steinener Wächter über dem Dorf thronen. Vor dir breitet sich ein neuer Tag aus – ein Tag, der gleich zu Beginn deine Kraft prüfen wird.
Die ersten Schritte hinaus aus Castrojeriz führen dich durch die Felder im sanften Licht. Doch schon nach kurzer Zeit erhebt sich vor dir der Alto de Mostelares, eine steile Wand aus Schotter, die in der Morgensonne wie ein Prüfstein wirkt. Hier, gleich am Anfang, trennt der Camino das Leichte vom Ernsten: Du wirst keuchen, schwitzen, vielleicht fluchen – doch oben wartet die Weite, klar und endlos.
Es ist ein Tag, der mit Anstrengung beginnt, aber dich danach in eine Ruhe entlässt, die nur die Meseta schenken kann.
Strecke & Höhenprofil
- Distanz: ca. 25 km
- Höhenmeter: +200 m / –200 m
- Schwierigkeit: mittel – fordernd durch den steilen Anstieg am Alto de Mostelares gleich hinter Castrojeriz, danach entspannt und flach.
Die Etappe teilt sich in zwei Gesichter: Zuerst der Aufstieg und Abstieg am Alto, intensiv und kraftvoll, danach die langen, stillen Geraden der Meseta. Am Ende erwartet dich der Kanal de Castilla, dessen Wasser und Uferbäume eine willkommene Abwechslung in der Ebene sind.













Varianten & kleine Abzweigungen
Die Hauptroute ist klar und geradlinig: Alto de Mostelares – Itero del Castillo – Boadilla del Camino – Frómista.
Eine kleine Variante führt bei Itero de la Vega über die mittelalterliche Puente Fitero über den Fluss Pisuerga. Sie markiert die Grenze zwischen Kastilien und León und war seit jeher ein bedeutender Übergang für Pilger.
Beschreibung des Weges – mit allen Sinnen
Noch liegt die Stadt hinter dir, als der Weg sanft ansteigt und dann steiler wird. Der Alto de Mostelares erhebt sich unvermittelt, und die nächsten 1,5 Kilometer fordern jeden Muskel. Der Schotter knirscht, der Atem wird schwer, doch Schritt für Schritt erklimmst du die Höhe. Oben, auf etwa 900 Metern, eröffnet sich dir ein Ausblick über die Meseta, so weit und frei, dass der mühsame Aufstieg wie weggeblasen scheint.
Der Abstieg folgt unmittelbar: steil, rutschig, und doch ein Geschenk, weil er dich zurück in die Ebene bringt. Hier weitet sich die Landschaft, und der Camino führt dich wie auf einem stillen Band durch Felder, die in der Sonne flimmern.
Nach einigen Kilometern erreichst du Itero del Castillo, ein winziges Dorf mit einer romanischen Kirche. Nicht weit entfernt liegt die Puente Fitero, eine mittelalterliche Brücke über den Pisuerga, die Kastilien mit Palencia verbindet. Wenn du über sie gehst, weißt du, dass du in eine neue Provinz eintrittst – ein symbolischer Schritt, ein weiteres Stück Fortschritt nach Westen.
Weiter geht es nach Boadilla del Camino, einem kleinen, aber eindrucksvollen Ort. Auf dem Platz vor der Kirche erhebt sich eine prächtige Rolla, eine steinerne Gerichtssäule, die von der Bedeutung des Dorfes im Mittelalter erzählt. Hier lohnt es sich, einen Moment zu verweilen, Wasser zu schöpfen und die Schönheit der schlichten Häuser zu betrachten.
Von Boadilla führt der Camino auf einen besonderen Abschnitt: den Kanal de Castilla. Ein schnurgerader Wasserweg, flankiert von Pappeln, der einst als Handelsweg gedacht war und heute Pilgern Schatten und eine fast meditative Ruhe schenkt. Das Plätschern des Wassers, das Rascheln der Blätter – ein Kontrast zu den weiten Feldern, ein Flüstern, das dich bis nach Frómista begleitet.
Frómista empfängt dich mit seiner berühmten romanischen Kirche San Martín de Tours, einem Meisterwerk schlichter Harmonie. Nach der Weite und Strenge der Meseta wirkt dieser Bau wie ein Ruhepol: rund, klar, vollkommen.
Zwischenorte & Besonderheiten
Ort | Distanz ab Castrojeriz | Besonderheit |
Alto de Mostelares | ca. 2 km | Steiler Aufstieg mit großartigem Ausblick |
Itero del Castillo | ca. 10 km | Kleines Dorf mit romanischer Kirche |
Puente Fitero | ca. 11 km | Mittelalterliche Brücke über den Pisuerga, Grenze zwischen Kastilien & León |
Boadilla del Camino | ca. 19 km | Gerichtssäule (Rolla), Dorfplatz, Proviant |
Frómista | 25 km | Romanische Kirche San Martín de Tours |
Pack- & Einkaufstipps
- Wasser & Snacks: Nach dem Anstieg auf den Alto gibt es lange Strecken ohne Versorgung. Auffüllen spätestens in Itero del Castillo.
- Sonnenschutz: Der Abschnitt zwischen Itero und Boadilla ist offen und ohne Schatten – Hut und Sonnencreme sind Pflicht.
- Schuhe: Der Abstieg vom Alto ist steil und rutschig – gutes Schuhwerk und Aufmerksamkeit sind hier entscheidend.
Einkehr, Übernachtung & Versorgung
Frómista ist ein Pilgerort mit guter Infrastruktur: Herbergen, Pensionen, Restaurants und Läden. Die romanische Kirche San Martín ist ein Juwel und sollte unbedingt besichtigt werden – sie zählt zu den wichtigsten Baudenkmälern am gesamten Camino Francés.
Auch in Boadilla gibt es einige Herbergen, teils mit Garten und Schwimmbad – ein Geschenk an heißen Tagen.
Das Besondere heute
Der Alto de Mostelares ist das prägende Erlebnis dieser Etappe: ein kurzer, aber kraftvoller Aufstieg, gefolgt von einem Abstieg, der dich in die Weite entlässt. Viele Pilger empfinden diesen Hügel als Sinnbild des Camino – ein Prüfstein, der Kraft fordert, aber eine große Belohnung schenkt.
Ebenso eindrucksvoll ist der Abschnitt am Kanal de Castilla. Dieser künstliche Wasserweg aus dem 18. Jahrhundert war einst für den Transport von Getreide gedacht. Heute ist er ein Ort der Stille, an dem du im Rhythmus des Wassers und der Bäume gehen kannst – fast wie in einer grünen Kathedrale.
Und schließlich Frómista: Die Kirche San Martín de Tours, mit ihren klaren Formen, den Kapitellen und Bögen, die Pilgern seit Jahrhunderten Orientierung geben. Ein Bauwerk, das zeigt, wie sehr Spiritualität und Kunst miteinander verschmelzen können.
Reflexion am Etappenende
Der Tag begann mit einem Anstieg, der deine Muskeln forderte, und endete mit einer Kirche, die dein Herz beruhigt. Vielleicht denkst du am Abend in Frómista: „Der Camino prüft uns nicht nur in der Anstrengung, sondern schenkt uns auch Momente der vollkommenen Ruhe.“
📊 Tabellarische Übersicht
Etappe | Start | Ziel | Distanz | Höhenmeter | Schwierigkeit | Zwischenorte |
15 | Castrojeriz | Frómista | ca. 25 km | +200 / –200 m | mittel | Alto de Mostelares, Itero del Castillo, Puente Fitero, Boadilla del Camino |
🌌 Camino der Sterne – Etappe 15
Castrojeriz → Alto de Mostelares → Itero del Castillo → Puente Fitero → Boadilla del Camino → Frómista
Hat dir diese Etappe gefallen oder hast du besondere Erinnerungen an den Alto de Mostelares oder den Kanal de Castilla? Teile deine Gedanken – deine Geschichte macht den Camino noch lebendiger.