

Ein neuer Etappentag – Einstieg & Stimmung
In Estella, der „Schönen“, beginnt der neue Tag. Du verlässt die Stadt entlang enger Gassen, durchzogen von Geschichte, und schon nach kurzer Zeit erwartet dich eine der bekanntesten Stationen des gesamten Camino: die Quelle des Weines in Irache. Hier, am mittelalterlichen Kloster, können Pilger wählen zwischen Wasser und Rotwein, der aus einem Hahn in die Muschel fließt. Ein Ort, an dem sich Spiritualität und Sinnlichkeit auf einzigartige Weise verbinden – und wo viele Pilger einen Moment innehalten, um den Geist des Weges zu spüren.
Der Tag selbst wird fordernder, als es die bloßen Kilometer ahnen lassen. Stetiges Auf und Ab, kleine Anstiege und Abstiege, ein „rompe-piernas“ – ein Beinbrecher –, der mehr Geduld als Kraft verlangt. Doch die Belohnung sind Landschaften, Orte voller Symbolik und schließlich die Ankunft in Los Arcos, wo die prächtige Kirche Santa María das Ziel markiert.

Strecke & Höhenprofil
- Distanz Hauptroute: 21,6 km
- Höhenmeter: +482 m / –457 m
- Variante über Luquin: 20,9 km, +514 m / –488 m
- Schwierigkeit: leicht–mittel
Die Route fordert weniger durch extreme Steigungen als durch das ständige Auf und Ab. Der markanteste Anstieg führt nach Villamayor de Monjardín, wo ein romanisches Kleinod und weite Ausblicke warten. Der letzte Teil zwischen Villamayor und Los Arcos zieht sich über viele Kilometer ohne Versorgungspunkte.
Beschreibung des Weges – mit allen Sinnen
Hinter Estella und Ayegui führt dich der Camino zum Kloster Irache. Die Steinmauern erzählen von Jahrhunderten klösterlichen Lebens, und gleich daneben sprudelt die berühmte Fuente del Vino. Ein Symbol für die Großzügigkeit des Landes, aber auch eine Erinnerung, maßvoll und achtsam zu wandern. Kurz darauf durchquerst du Azqueta, ein kleines Dorf, das mit schmalen Gassen und Häusern aus hellem Stein den Charme Navarras verkörpert. Von hier steigt der Weg an, der Pilger bald in den Rhythmus des Tages zwingt: bergauf, bergab, immer wieder.
Der markante Anstieg nach Villamayor de Monjardín führt dich auf einen Hügel, wo eine der eindrucksvollsten romanischen Kirchen des Camino wartet: San Andrés, schlicht, kraftvoll, und mit einer Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. Von hier oben öffnet sich die Landschaft weit, Felder und Weinberge reichen bis zum Horizont.
Nach Villamayor folgt ein langer Abschnitt, der Geduld verlangt: Kilometer um Kilometer über offene Felder, kaum Schatten, keine Dörfer, keine Bars. Besonders an heißen Tagen wird dieser Weg zur Prüfung. Doch genau hier liegt auch eine der Wahrheiten des Camino: die Erfahrung, dass Ausdauer und innere Ruhe tragen, wenn äußerlich wenig Ablenkung bleibt.Schließlich erhebt sich in der Ferne das Ziel: Los Arcos.
Ein Ort, dessen Herzstück die Kirche Santa María ist, von außen schlicht, doch mit einem barocken Innenraum von überwältigender Pracht. Wer eintritt, spürt den Kontrast von Einfachheit des Weges und Opulenz der Kunst.

Die Variante über Luquin
Nicht alle Pilger wählen die Hauptroute über Villamayor. Eine Alternative führt über Luquin. Mit knapp 21 Kilometern ist sie leicht kürzer, verlangt aber etwas mehr Höhenmeter. Luquin selbst ist ein ruhiger Ort, fernab der klassischen Pilgerströme. Wer diesen Weg geht, tauscht die romanische Kirche von Villamayor gegen die stille Schönheit eines weniger bekannten Dorfes ein. Der Pfad führt durch ähnliche Landschaften, Weinberge und Felder, und schenkt vor allem das Gefühl, den Camino für ein Stück weit fast allein für sich zu haben. Für manche ist es eine willkommene Abwechslung, für andere ein Verzicht auf die historischen Schätze der Hauptroute.
Zwischenorte & Besonderheiten
Ort | Distanz ab Estella | Besonderheit |
Ayegui | ca. 1,8 km | Erste Services, Herberge San Cipriano |
Monasterio de Irache | ca. 2,6 km | Kloster, berühmte Weinquelle |
Azqueta | ca. 7,6 km | Kleines Dorf |
Villamayor de Monjardín | ca. 9,6 km | Anstieg, romanische Kirche San Andrés |
Luquin (Variante) | +1,8 km Umweg | Alternative Route, weniger frequentiert |
Offenes Feldstück | 10 km ohne Orte | Keine Services, viel Sonne → Wasser wichtig! |
Los Arcos | 21,8 km | Kirche Santa María mit prächtigem Barockinnenraum |

Einkehr, Übernachtung & Versorgung
- Estella / Ayegui: große Auswahl an Herbergen, Hotels, Supermärkte.
- Irache: Klosterbesuch, Weinquelle.
- Azqueta: Bars, kleine Unterkunftsmöglichkeiten.
- Villamayor de Monjardín: mehrere Albergues, Einkehrmöglichkeiten.
- Zwischen Villamayor und Los Arcos: keine Services → unbedingt Wasser mitnehmen!
- Los Arcos: zahlreiche Herbergen und private Unterkünfte, darunter die große Pilgerherberge „Isaac Santiago“ und charmante kleine Hostels.
Das Besondere heute
Der Tag ist geprägt von Symbolen: die Quelle des Weines, die romanische Kirche in Villamayor, der weite Abschnitt ohne Ablenkung, und schließlich die barocke Pracht von Los Arcos. Es ist eine Etappe, die fordert und zugleich reich beschenkt: körperlich durch das Auf und Ab, spirituell durch die stillen Momente auf den Feldern, kulturell durch Orte voller Geschichte.
Reflexion am Etappenende
Heute hast du gelernt, was „rompe-piernas“ bedeutet: kein großer Pass, keine extremen Steigungen, sondern das ständige Auf und Ab, das den Camino in Navarra prägt. Du hast an der Quelle des Weines innegehalten, bist durch Dörfer gegangen, die seit Jahrhunderten Pilger empfangen, und bist schließlich angekommen in Los Arcos – einem Ort, dessen Kirche in ihrem Inneren wie eine Überraschung wirkt. Eine Etappe, die Geduld und Ausdauer lehrt, und die mit Schönheit belohnt.
📊 Tabellarische Übersicht
Etappe | Start | Ziel | Distanz | Höhenmeter | Schwierigkeit | Zwischenorte |
6 | Estella | Los Arcos | 21,8 km | +482 m / -457 m | leicht–mittel | Ayegui, Irache, Azqueta, Villamayor de Monjardín (oder Variante Luquin) |
🌌 Camino der Sterne – Etappe 6
Estella → Ayegui → Irache → Azqueta → Villamayor de Monjardín (→ Luquin, Variante) → Felder → Los Arcos
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